Braucht die biologisch-dynamische Landwirtschaft Rudolf Steiner? - Teil 2

12-02-2015 Artikel von Mieke Mosmuller

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[...] Da ist natürlich die Frage: Rudolf Steiner spricht über die Hofindividualität, das ist ein sehr komplizierter Begriff. Es sollte nicht nur Bezeichnung bleiben, sondern wir sollten versuchen, uns so in seine Angaben einzuleben, dass wir wirklich da hineingehen können und dann dadurch die Möglichkeit bekommen, auch wirklich zu erleben, was das ist, diese Hofindividualität. Ich kann mir vorstellen, für einen Landwirt wird es ein wenig so, diese Individualität, diese Hofindividualität, sie wird so etwas wie ein Freund, mit dem man zusammen lebt. Dieser hat als Haut so ungefähr die Grenze des Gutes; er hat in seinem Haupt das Wurzelhafte und in seinem Bauch das Stoffwechselartige. Man empfindet dann allmählich das Gut als ein Organisches, als ein Wesen. Und so lange man das nur sagt, wirkt es vielleicht nur abstoßend. Aber wenn man sich darin vertieft, kann man doch allmählich zu der Empfindung kommen, was damit wirklich gemeint wird.

Gemüse

Und ich denke, wenn man fragt: Ja, braucht die biologisch-dynamische Landwirtschaft Rudolf Steiner? – dann ist das an sich eine merkwürdige Frage. Denn natürlich ist es doch so, dass am Fundament der biologisch-dynamischen Landwirtschaft die Anthroposophie Rudolf Steiners liegt. Ob man das nun gerne hat oder nicht. Tatsache ist, der Landwirtschaftliche Kurs von 1924 enthält die Angaben, mit denen die biologisch-dynamische Landwirtschaft angefangen hat. Dies betrachtend, ist es dann doch eigentlich eine merkwürdige Sache, wenn man fragt: Ja, brauchen wir das eigentlich noch?
Ich kann mir diese Frage trotzdem sehr gut vorstellen. Denn, wenn dasjenige, was Rudolf Steiner gebracht hat, zur Dogmatik oder Lehre geworden ist, dann kann man fast überhaupt nichts mehr damit anfangen. Da kann man dann besser mit seinen Gefühlen und Empfindungen versuchen, mit der Erde in Kontakt zu kommen. Das Ganze hat also zwei Seiten. Einerseits: Anthroposophie und Rudolf Steiner sind das Fundament der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Und anderseits kann ich mir vorstellen, dass das Obige für Euch nicht mehr nachzuvollziehen ist und für Euch diese biologisch-dynamische Landwirtschaft etwas auf sich selbst Gestelltes ist. Dass man also überhaupt nicht mehr erleben kann, was Rudolf Steiner da noch für eine Rolle spielen sollte. Er ist ja sowieso nicht mehr lebendig da. Man kann nicht zu ihm gehen und sagen: ‚Komm doch mal vorbei für einen Kurs.’ Also man hat nur dieses Buch, und man hat dasjenige, was dann in den Jahrzehnten danach weiter erprobt und entwickelt wurde.

Aber ich kann mir nicht gut vorstellen, dass es unter euch nicht auch Viele gibt, die – sei es bewusst oder sei es unbewusst – diese biologisch-dynamische Landwirtschaft suchen, gerade weil ihr die Anthroposophie zugrunde liegt. Es ist dann vielleicht nicht so, dass man sagt: ‚Ja, dann wollen wir jetzt der Anthroposophischen Gesellschaft beitreten und richtige Anthroposophen werden.’ Sondern das hat dann eine ganz andere Bedeutung. Denn es hätte dann wahrscheinlich die Bedeutung, dass diese Sehnsucht nach der Erkenntnis des Lebendigen da ist und dass in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft diese Erkenntnis des Lebendigen tatsächlich das Wesentliche ist.

Aber wenn Biodynamik nicht lebendig bleibt, dann stirbt sie trotzdem auch, dann wird sie tot. Und wenn die Dynamik verlorengeht, dann gibt es Stillstand, dann wird es Stasis. Und dann haben wir nicht mehr eine Biodynamik, dann haben wir eine Todesstasis bekommen, und das ist genau die Landwirtschaft, wie sie überall betrieben wird.
Ich bin davon überzeugt, derjenige, der sich der Biodynamik zuwendet, der hat doch etwas in sich wie eine Sehnsucht nach der Erkenntnis, nach dem Empfinden des Lebendigen. Nun ist das so, wenn wir dann wirklich sagen: Ja, ich möchte doch etwas an mir selbst arbeiten, damit ich vielleicht ein Organ schaffe, womit ich wirklich mit der Erde und ihrer Umgebung real zusammenleben kann. Damit ich auch die richtigen Ideen bekomme, wie ich manche Dinge in der Landwirtschaft selbst zu tun habe.

Und es ist doch so: Für Euch sollte es leichter sein, das auch wirklich zu tun, als es für viele andere heutigen Menschen ist. Denn in fast allen Berufen ist es jetzt so, dass die Arbeit am PC, am Computer gemacht wird. Da sitzt man fortwährend in einem elektromagnetischen Feld, und das, was der Computer macht, ist ein nochweiter geführtes Gehirn. Also dasjenige, was wir mit unserem Gehirn machen und was wir eigentlich ausschalten sollten.
Wenn wir zur Hellsichtigkeit kommen wollen, haben wir es noch schwerer, wenn wir unsere Arbeit fortwährend am Computer machen. Er lässt sich natürlich nicht abschaffen. Ich selbst arbeite auch daran. Aber wenn wir denken, zum Beispiel ein Architekt, der sitzt in der heutigen Zeit nicht mehr an einem Zeichentisch, sondern der sitzt am Computerbildschirm. Und ein Kardiologe sitzt im Herzzentrum auch am Schirm und untersucht da die Laborwerte und hat mit dem Patienten nicht einmal mehr so viel zu tun.
Also, ich kann mir vorstellen, wenn man in der Natur arbeiten darf, sind die Kräfte erfahrbar, die man entwickeln sollte, um auch das Leben empfinden zu können. Ihr steht diesen Kräften viel näher als, sagen wir, die übrige Menschheit. Einerseits also ist die Arbeit sehr wohl schwerer, andererseits wird es doch auch so sein, dass durch das Zusammenleben mit den wirklichen Kräften in der Natur es leichter sein sollte.

Und da haben wir dann die Frage: Was kann ich dann tun, wenn ich in meiner Situation mit wenig Zeit trotzdem etwas tun möchte für die spirituelle Entwicklung?
Da wird es dann doch notwendig, dass da eine Art Rhythmus entsteht und dass rhythmisch versucht wird, eine Art Übungspraxis anzufangen. Und ich sagte schon: Jeder Mensch muss doch irgendwann ruhen, und wenn die Begeisterung zur Entwicklung wirklich da ist, dann hat man auch genügend Energie, um vielleicht eine Viertelstunde früher aufzuwachen. Wenn das zuviel ist, nur zehn Minuten, und wenn das auch noch zuviel ist, fünf Minuten, und wenn das noch zuviel ist, eine Minute, und dann eine Minute später sich anziehen. Also so viel braucht man überhaupt nicht – wenn die Begeisterung nur groß genug ist.
Und dann am Abend, wenn man müde ist und eigentlich überhaupt keine Lust mehr hat, etwas Innerliches zu machen, dann brauchen wir auch wiederum eine Begeisterung, damit wir sagen: Ich schlafe jetzt fünf, zehn, fünfzehn Minuten später ein. Ich versuche es auf jeden Fall, und wenn ich darüber einschlafe, nun, dann bin ich eingeschlafen. Aber man kann es doch versuchen.

Und dann würde es wichtig sein, dass dann versucht wird, auch wirklich eine Formel zu nehmen, etwas zu nehmen, womit man dann auch wirklich etwas erreicht.
Rudolf Steiner hat vor allem in seiner Anfangszeit, als er noch in der Theosophischen Gesellschaft gearbeitet hat, mehrere Sätze gegeben, mit denen man auch wirklich etwas erreichen kann. Später hat er das selbstverständlich auch gemacht, aber diese frühen Sätze, die haben eine gewisse weckende Kraft. Sie sind eigentlich vor allem auch darauf ausgerichtet, dass da etwas in uns erweckt wird, wodurch wir in allem, was sterblich, was endlich ist, das Unendliche erleben können. Und so gibt es auch einen Satz, durch den wir, wenn wir ihn üben, dazu geführt werden, in demjenigen, was Saat ist, und in demjenigen, was aus der Saat schließlich hervorkommt, die Wirkungen des Lebendigen zu empfinden. Es sind zwei Wundersätze, die wir verwenden könnten, kurz, aber sehr stark konzentriert.
Der Mensch in der heutigen Zeit weiß überhaupt nicht, dass seine geistigen, seelischen Kräfte ganz im Umkreis verstreut sind und wir, wenn wir sie mobilisieren wollen, um unseren Mittelpunkt herumbringen müssen. Also ganz weit weg sind unsere geistigen, empfindenden Kräfte. Und wenn wir sie wecken wollen, dann müssen wir sie konzentrieren, um unseren Mittelpunkt herumbringen. Und Folgendes gilt mit wenigen Ausnahmen für alle Menschen unserer Zeit: Es ist für alle schwierig, die Energie zu sammeln und das, was im Umkreis liegt, wirklich zu uns zu bringen.

Der erste Satz – und es ist nur ein Beispiel, ich sage nicht es ist ‚der Satz’, den Ihr verwenden solltet; und Glaube braucht Ihr hier auch nicht zu haben, denn wenn der Mensch es einfach tut, dann wird sich schon von selbst zeigen ob so etwas wirkt oder nicht –, der erste Satz ist:

„Sinne nach, wie der Punkt zur Sphäre wird und doch er selbst bleibt. Hast du erfasst, wie die unendliche Sphäre doch nur Punkt ist, dann komme wieder, denn dann wird dir Unendliches in Endliches scheinen.“

Nun kommt es natürlich darauf an, einen solchen Satz nicht nur zu betrachten, sondern dass man auch wirklich nachsinnt, wie der Punkt zur Sphäre wird und wie die unendliche Sphäre doch nur Punkt ist. Darauf kann man schon sehr viel seelische Energie wenden. Am Abend sollte man sich ganz konzentriert als Punkt fühlen können. Am Morgen aber meditiert man: Dort in der Welt bin ich im ganzen Umkreis, wenn ich mich ihm liebevoll hingeben kann.

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So bekommt man allmählich ein anderes Verhältnis zur Natur, zur Erde, zum Kosmos. Und ich denke, es ist am Besten, wenn im Herbst damit angefangen wird und dann den Winter hindurch bis in den Frühling hinein immer dieser Satz meditiert wird. Und wenn das mit Begeisterung und Kraft gemacht werden kann, dann wird sich schon zeigen, was der Mensch vermag, was man selbst kann. Was man selbst an innerlicher Erkenntnis gewinnen kann.

So lernt man dann auch, sich anders zur Anthroposophie zu stellen. Denn vielfach ist auch die Anthroposophie etwas, was mit dem gewöhnlichen Verstand aufgenommen wird. Und da hat man wirklich nicht viel davon. Es ist ‚klassische Literatur’, sagt man dann. Relikte aus der ziemlich fernen Vergangenheit. Und wie soll ich damit anfangen, das sind etwa so viele Bücher wie Tage im Jahr! Also wo fängt man dann an? Nimmt man den Landwirtschaftlichen Kurs? Fängt man darin zu lesen an? Ich kann mir vorstellen: das wird sehr schwierig. Und man bekommt dann doch das Gefühl, da allerlei annehmen zu müssen, was man nicht nachvollziehen kann. Und das ist natürlich mit der Anthroposophie in vielen Vortragsreihen und Büchern der Fall. Wenn aber einmal diese Begeisterung da ist, und das braucht dann nicht unmittelbar für die Anthroposophie zu sein, sondern das kann in erster Linie für die biologisch-- dynamische Landwirtschaft sein, für das Biologische, für das Lebendige und das Dynamische, dafür, dass da alles miteinander zusammenhängt, dass man nicht hier das Eine hat und dreißig Kilometer weiter oder über dem Ozean das Andere, sondern dass da ein dynamisches Verhältnis ist, dann führt diese einen auch weiter. Diese Liebe zur Idee der Biodynamik sollte für den Anfang genug sein, um eine Begeisterung auch für die Anthroposophie zu bekommen.

Wir hatten in den Niederlanden im Jahre 2002 einen Mann, der wollte in die Regierung hinein. Er wollte sogar an die Spitze der Regierung kommen. Er hatte sehr revolutionäre Ideen – mit denen er auch schon sehr viele Stimmen auf sich vereint hatte. Er ist aber nicht so weit gekommen, denn er ist zuvor umgebracht worden. Aber er hatte merkwürdige Pläne. Er wollte zum Beispiel in der Viehzucht, da wollte er Hochbau machen lassen, also ganz hohe Gebäude, und dann die Kühe in die verschiedenen Etagen, Stockwerke hineinbringen. Könnt Ihr Euch das vorstellen? In einem kleinen Land ist das die Lösung, sagte er. Dann können wir die Wiesen abschaffen, und da können wir wiederum Häuser bauen, da brauchen wir nicht mehr diese lästigen Tiere überall. Die setzen wir einfach in Hochhäuser.
Da hat man den dynamischen Aspekt überhaupt ganz verloren. Nicht nur verloren, sondern da ist das in das Gegenteil hineingekommen. Und so etwas ist dann doch auch wiederum sehr hilfreich, denn darin fühlt man, wie die Entwicklung in der Welt untergründig verläuft.
Man empfindet überhaupt nicht mehr, was Dynamik an sich ist. Was Zusammenwirken von verschiedenen Kräften ist. So bin ich auch einem Hochschullehrer in den Niederlanden begegnet. Der bringt jetzt ein Buch heraus, es heißt glaube ich „Plastic Pandas“, darin beschreibt er, es sei eigentlich alles Unsinn, was im Natur und Tierschutz alles gemacht werde. Denn die Natur sei im Grunde eine Art Wirtschaft, nicht eine Natur oder Landwirtschaft, sondern eine Wirtschaft. Und in der Wirtschaft gehen immer wieder Betriebe kaputt, sie machen pleite, also: auch Tierarten machen pleite. Das ist überhaupt kein Problem. Und der Vorteil ist, dass wir wenigstens diese Plastiktiere, Kunsttiere haben. Das wird wirklich in einem Buch beschrieben! Und dieser Mann hat auch wiederum sehr viel Einfluss auf das Publikum.

Ich erzähle dies nur, um den Unterschied so schroff wie möglich zu machen: Was Dynamik ist – und was der Verlust der Dynamik letztendlich bedeutet. Wenn Menschen überhaupt nicht mehr empfinden können, dass in der Natur nicht alles so wie Steine nebeneinander steht. Wo man einfach sagen kann: Dieser Stein gefällt mir nicht, weg damit. In der Natur sind lebendige Verhältnisse, auch zwischen Steinen, aber natürlich vor allem zwischen Pflanzen und Tieren und Menschen. Dieses dynamische Verhältnis, das Empfinden dessen, das ist fast vollständig verloren worden.
Das bemerkt man vielleicht nicht, wenn man eine Ausbildung wie die Ihre macht. Aber man bemerkt es, wenn man in der gewöhnlichen Welt steht und da allerlei hört und sieht – da ist es wirklich so, dass diese Menschen das überhaupt nicht mehr empfinden können: Dass es etwas ausmacht, ob eine Tierart da ist ober nicht. Wenn die Evolution so verläuft, dass diese Tiere aussterben, dann soll man das einfach so sein lassen.

Doch in eine Beziehung zu kommen mit dem Lebendigen und dem Dynamischen in der Natur, das kann man entwickeln. Nehmen sie solche Sätze, wie ich einen jetzt vorgelesen habe. Durchdenken sie solche Sätze konzentriert und leben sie einige Minuten intensiv damit. Dadurch kommt man mit wirklichen, lebendigen Kräften in Beziehung.
Da bekommt man allerdings keine fertigen Erkenntnisse mehr, und das ist es doch, was wir immer haben wollen: Dass wir einfach gereicht bekommen, was ist dies, was ist das; und was sollen wir mit dem Einen und dem Anderen machen. Das geht, wenn wir es mit Lebendigem, mit Dynamischem zu tun haben, nicht mehr einfach so, wie wenn wir es mit toten Dingen zu tun haben.

Salat

Und dann entsteht diese Bedeutung der Frage. Und es sollte derjenige, der sich spirituell entwickeln will, ganz Frage sein. Also nicht nur diese oder jene Frage haben, sondern wenn er nach Antworten sucht, da muss wahrlich die ganze Seele Frage sein können. Das ist es, was wir am wenigsten können in unserer Zeit. Denn wir sind so erzogen worden, dass es überhaupt keine Frage braucht. Wir bekommen schon Erkenntnisse, bevor wir so weit sind, eine Frage zu haben. Alles ist schon beantwortet, bevor eine Frage entstehen kann. Und das ist die Schwierigkeit, wenn ich hier stehe und zu Euch sage: Wenn Ihr die biologisch-dynamische Landwirtschaft sucht, dann muss es doch so sein, dass in Eurer Seele eine Frage nach dem Lebendigen lebt, eine Frage nach dem wirklich Seelischen lebt, und eine Frage nach dem wirklich Geistigen in der Natur und im Menschen.
Aber wenn alles schon beantwortet wurde, wenn wir in der Schule und auch später so überschüttet werden mit Erkenntnissen, die man sich mühevoll aneignet oder auswendig lernen soll – ja, wie sollen dann noch die Fragen bewusst werden, wie soll das gehen?

Und ich kann mir dann sehr gut vorstellen, dass es für junge Menschen jetzt sehr schwierig ist. Ich bin nicht mehr so jung, es aber natürlich gewesen. Es war eine andere Zeit, jetzt haben wir unsere Kinder, die sind jung, und wir leben mit, was da die Schwierigkeiten sind. Die sind anders als in unserer Zeit. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es immer schwieriger wird, diese eigentlichen Fragen, die in der menschlichen Seele doch sind, die auch in das Bewusstsein hinein zu bekommen. Hauptsächlich weil die Lehrmethoden so sind, dass sie das Fragenkönnen ganz abtöten.

Also ich denke, das ist ein wichtiger Aufruf an Euch: Dass jeder Einzelne sich wirklich noch einmal fragt, sich die Frage stellt, an sich selbst: Warum habe ich mich wirklich dieser biologisch-dynamischen Landwirtschaft zugewendet? Was ist es, was mich daran anzieht? Wozu? Weiß ich das ganz bewusst? Ist es mehr ein Zufall gewesen? War es vielleicht durch Ausschluss anderer Möglichkeiten? Aber was sind nun die Gründe, weshalb ich das tue? Und weshalb ich auch nicht damit aufhöre, sondern weitermache? Es ist mit Sicherheit nicht nur die Notwendigkeit, Geld zu verdienen. Da könnte man auch Anderes machen. Also was ist es eigentlich? Das würde mich sehr, sehr interessieren.

Und ich möchte noch einmal sagen: Ich bin der Überzeugung, dass in vielen von Euch eine Sehnsucht nach dem Lebendigen, nach der Erkenntnis des Lebendigen lebt. Dass Ihr es nicht ertragen würdet, in einer Wirtschaft zu arbeiten, wo dieses Lebendige nicht geschätzt wird. Und wo diese dynamischen Verhältnisse zwischen dem Lebendigen, dem Erdigen, dem Empfindsamen, dem Seelischen, Geistigen, wo diese nicht gesehen und respektiert werden und wo man überhaupt nichts davon weiß. Also eine Frage an Euch selbst. Damit möchte ich dann abschließen. Das ist die Frage: Wozu biologisch-dynamische Landwirtschaft? Warum sind Sie hier? Was suchen Sie wirklich?

Und wenn ich gefragt werde: Braucht die biologisch-dynamische Landwirtschaft Rudolf Steiner? Nun, darüber habe ich schon dreißig Jahre meditiert, nicht so sehr, ob die Landwirtschaft ihn braucht, aber zum Beispiel, ob die Philosophie ihn braucht oder ob die Medizin ihn braucht.
Aber es wäre doch viel wichtiger, dass Sie selbst damit ringen. Denn die Anthroposophie liegt als Fundament der biologisch-dynamischen Landwirtschaft zugrunde. Sie arbeiten darin, und Sie sollten sich selbst doch fragen. Wozu eigentlich? Warum nicht etwas Anderes? Warum biologisch-dynamische Landwirtschaft? Das ist, was ich Ihnen als Letztes sagen möchte.
Und dann braucht keiner etwas zu glauben, und an Gott braucht man schon gar nicht zu glauben. Denn wenn der Mensch aus sich heraus dazu kommt, wirklich das Lebendige zu empfinden, wirklich die Wachstumskräfte zu erleben – nicht nur zu sehen, dass heute die Pflanze so groß ist und morgen etwas größer; nein, dass man wirklich mit dem Wachsen mitleben kann –, wenn man das erreicht, dann ist die Frage nach dem Glauben an Gott ganz überflüssig geworden.
Also, fragen Sie sich selbst: Braucht die biologisch-dynamische Landwirtschaft Rudolf Steiner – und weshalb bin ich eigentlich damit beschäftigt?