„Suche das Licht, das im Abendlande aufgeht“ Mieke Mosmuller (1994)

15-06-2014 Buchbesprechung von Lieke van der Ree

Ein paar Worte vorab:
Es ist jetzt drei Jahre her, dass ich die Buchbesprechung zu „Suche das Licht...“ schrieb. Seit dieser Zeit haben wir viele Vorträge und Arbeitsgruppen mit Mieke miterleben dürfen und ist das Gefühl der Dringlichkeit, dem Weg, der in „Suche das Licht...“ beschrieben ist, zu folgen, nur noch stärker geworden.
In dem Moment, wo ich dies schreibe, ist die Welt durch die Ereignisse in der Ukraine, in Syrien und dem Gazastreifen in Aufruhr, und wir können sicher sein, dass an noch viel mehr Orten auf Erden Katastrophen geschehen. Im Großen und im Kleinen gibt es Aggression und Leid. Darauf kann man sehr verschieden reagieren, doch jeder, der ein Herz für Menschen und für die Erde hat, wird zu der Antwort auf die Fragen nach dem Warum und nach einer Lösung vordringen wollen.

Mieke machte uns auf Vorträge aufmerksam, die Rudolf Steiner gegen Ende des Ersten Weltkrieges gab und die auch jetzt noch ebenso dringlich sind. Er war damals von dem Schicksal der Millionen Verstorbenen und ihrer Lieben, von dem Chaos, der Erschütterung und der Vernichtung der Kultur tief berührt. 1919 sagt er (GA 187), dass die tieferen Gründe für die Katastrophen darin bestehen, dass die Menschen die geistige Welt nicht erkennen. Die Lösung der Probleme, die sich (scheinbar) in der Außenwelt ereignen, ist im Innern zu finden, in der Seele jedes Menschen. Hier ist ein Kampf zu kämpfen – um sich aus dem starken Eingesponnensein in das Materielle zu befreien und sich vollbewusst zum Geist erheben zu lernen. Und wenn der Mensch diesen Kampf nicht in seiner Seele ausfechten will, dann wird schließlich einer gegen den anderen, Volk gegen Volk, Mensch gegen Mensch kämpfen.

Es ist von allergrößter Wichtigkeit, dass die Menschen sich ihres Gebundenseins in Materialismus und Egoismus bewusst werden und dass sie die Kraft finden, sich mit der übersinnlichen Welt zu verbinden, die sich seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts von neuem offenbaren will. Dafür ist eine andere Art von Denken nötig, nicht analysierend wie in den heutigen Naturwissenschaften, sondern formend, schöpferisch, bildend, lebendig (GA 193, Vortrag vom 12.6.1919).
Dieses Denken kann in die übersinnliche Welt hineinführen. Rudolf Steiner bahnt den Weg für den westlichen Menschen der heutigen Zeit; es ist ein Weg, der vor die geistige Gesundheit ein sicherer Weg ist. Er sagt darüber (GA 187, 1.1.1919):
„Dadurch können Sie nie auf falsche Wege kommen, wenn Sie sich durch die Geisteswissenschaft auf gestaltendes Denken einlassen (das heißt, dass der Mensch selbst das Denken gestaltet, dass er lernt, Formen zu denken, nicht nur Logik). Da können Sie niemals sich verlieren an die verschiedenen geistigen Wesenheiten, die Einfluß gewinnen wollen auf Sie. Die gehen natürlich durchaus durch Ihre Wesenheit hindurch. Aber sobald Sie gestaltend denken, sobald Sie sich bemühen, nicht bloß zu spintisieren und zu unterscheiden, sondern so zu denken, wie es wirklich diese moderne Geisteswissenschaft will, so bleiben Sie in sich, so können Sie nicht das Gefühl der bloßen Ausgehöhltheit haben. Deshalb betont man, wenn man auf dem Standpunkt unserer Geisteswissenschaft steht, so häufig den Christus-Impuls, weil der Christus-Impuls in der geraden Linie des gestaltenden Denkens liegt.“

Dies ist das Denken, dass man in dem Buch „Suche das Licht, das im Abendlande aufgeht“ erleben kann und das wir in den Arbeitsgruppen mit Mieke üben.

In dem Buch „Suche das Licht, das im Abendlande aufgeht“ nimmt Mieke Mosmuller den Leser in den Prozess mit, der nötig ist, um die Frage zu beantworten: Können wir in Wahrheit erkennen? Sie geht in diesem Buch von dem westlichen Denken aus und sagt, dass der Abendländer nicht zur Unschuld des Nicht-Wissens zurückkehren dürfe, wie es im Osten früher legitim war. Das volle menschliche Bewusstsein lebt im Westen im Denken, auch wenn es abstrakt ist. Die allererste Frage muss dann auch die Frage nach dem ‚Denken’ sein.
Kann ich in Wahrheit erkennen? Aus dem Nicht-Denken, dem ‚reinen Sein’ heraus lasse ich diese erste Frage geboren werden. Ich komme innerlich in Bewegung und ‚schaue’ mit Hilfe des auf das Bewusstsein gerichteten Wahrnehmungsvermögens auf das, was sich vollzieht.

„Wenn wir uns energisch in diesen Übergang einleben können, spüren wir durch das Denken selbst, dadurch daß wir es mit dem Denken sehen, und verstehen wir ohne Hilfe der Begriffe, daß ich und niemand anders als ich selbst das Denken in Gang setze, wenn ich denken will. [...] Daß dies im alltäglichen Leben nicht bemerkt wird, findet seinen Ursprung in der Tatsache, daß dieser Übergang vom Nicht-Denken zum Denken immer unserer Aufmerksamkeit entschlüpft, weil er nie rein vorhanden ist. [...] Um diesen Übergang untersuchen zu können, müssen wir ihn rein herstellen, und es bereitet uns viel Mühe, dies zustande zu bringen, weil wir unsere Denkassoziationen, die nicht vom Willen durchsetzt sind, ständig vom wahren, freien Denken unterscheiden müssen. Doch für jeden Menschen, der dies will, besteht die Möglichkeit, diesen Punkt, in dem das freie Denken entspringt, zu finden. Er findet dann sich selbst als Denker. [...]
Doch niemals kann ich etwas denken, das ich nicht verstehe. [...] Als Denker bin ich nicht nur völlig im Schaffen anwesend, sondern ich weiß genau, was und wie ich erschaffe und ich weiß, daß sich mein Denken ganz überschaubar in von mir vollständig erkannten Gesetzmäßigkeiten bewegt. Der scheinbar unüberbrückbare Abgrund zwischen Schöpfung und Begriff, zwischen Welt und Ich, zwischen Subjekt und Objekt ist hier zuverlässig überbrückt.“

Es ist das Streben von Mieke Mosmuller, ihren Lesern und Zuhörern diesen Punkt bewusst erlebbar zu machen. Im Alltagsleben achte ich nicht auf mein Denken – das ich selbst hervorbringe –, sondern auf das Objekt, über das ich denke – das ich nicht selbst hervorgebracht habe. Wenn ich über mein Denken denken will, kann ich das tun, indem ich etwas betrachte, was ich bereits gedacht habe. Rudolf Steiner sagt im dritten Kapitel der „Philosophie der Freiheit“: „Ich müßte mich in zwei Persönlichkeiten spalten: in eine, die denkt, und in die andere, welche sich bei diesem Denken selbst zusieht, wenn ich mein gegenwärtiges Denken beobachten wollte. Das kann ich nicht.“ In dem Vortrag „Philosophie und Anthroposophie” vom 17. August 1908 spricht er über die Erfahrung eines Denkens, das nicht verstandesmäßig, sondern mit dem Geist verbunden ist. Über dieses Denken sagt Mieke Mosmuller: „Erst in dem Punkt des Übergangs zwischen Nicht-Denken und Denken, wo man sich selbst als Initiator des Denkens bewusst erlebt, liegt der Moment der buchstäblichen Gegenwart des Geistes, des Bewusstseins seiner selbst im Jetzt. Hier ist das Ich Universalie ante rem, in re und post rem zugleich. Hier durchbricht man das spiegelnde Vorstellungslebens, weil man das konkrete Willensleben betritt, unter völliger Erhaltung des bewussten Denkens als Prozess. Hier ist es nicht möglich vorzustellen, man stellt nichts vor, man kann nur denkend, wollend, sein. Man tritt hinein in das Unvorstellbare. Hier ist die Idee Realität, die Materie spirituell, hier ergibt das Gehen in einem Zirkel Transzendenz, hier ist Beschreiben Verstehen. Hier ist das Ich die Welt, die Welt das Ich.“

In ihrem Buch ,,Das Tor zur geistigen Welt“ (2010) arbeitet Mieke Mosmuller dieses Thema sehr detailliert aus.

Wenn nun dieser wichtige Punkt im Denken gefunden ist, ist es nicht gleichgültig, was wir zunächst als Inhalt des Denkens wählen (siehe Suche das Licht, Abschnitt Wissenschaft, 2. Kapitel). Ein mathematischer Begriff ist sehr geeignet, weil ein solcher Begriff ganz klar zu durchschauen ist: ein Kreis ist zum Beispiel die Menge aller Punkte in einer Ebene, die einen gleichen Abstand zum Mittelpunkt haben. Und weil das Aufrufen der Vorstellung eines Kreises nicht schwer ist, ist der Unterschied zwischen einer solchen Vorstellung, die spezifisch ist, und einem Begriff, der das Prinzip aller möglichen vorgestellten Kreise umfasst, gut zu verstehen. Indem wir üben, in Begriffen zu denken, schulen wir unser reines, sinnlichkeitsfreies Denken, mit dem in Wahrheit erkannt werden kann.

Können wir nun auch die Welt um uns in Wahrheit erkennen? (siehe Suche das Licht, Abschnitt Wissenschaft, 3. Kapitel). Unser intellektuelles Denken empfindet Sicherheit, wenn es die mathematischen Gesetzmäßigkeiten in der Welt, in der wir leben, sucht. So wird niemand in Zweifel ziehen, dass das Gesetz gilt: Zurückgelegte Strecke = Geschwindigkeit x Zeit. Wenn wir jedoch auf die Welt des „Lebendigen“ schauen, ist es deutlich, dass unser abstraktes Denken hier unzureichend ist. Und auch bei Naturerscheinungen wie Licht und Schall verlieren wir viel von dem Wesentlichen, wenn wir nur Gesetzmäßigkeiten von „Wellenphänomenen“ beschreiben. Gibt es nun auch einen Weg, auf dem die Sinne ihr Erleben von Farbe, Klang und Geruch erhalten können und wir dennoch nicht in etwas verfallen, was nur subjektiv ist? Voraussetzung hierfür ist, dass die eigenen Vorurteile des Wahrnehmenden schweigen können und er seine Wahrnehmungen voller Hingabe in solcher Weise durchdenkt, dass das Denken nur die Wahrnehmung als Inhalt hat und dass es als Willenskraft erlebt wird, die sich ganz in „das Andere“ fügt, einlebt. Die Denkkraft wird dann „sprechend“, wobei nur die reinen Begriffskategorien gehandhabt werden. Der wahre Begriff kann sich zur Wahrnehmung hinzufügen, weil die Denkkraft, die in der Wahrnehmung aktiv ist, dieselbe Denkkraft ist, die den Begriff innerlich beleuchtet. Man denkt Begriffe schauend. Das Denken kann so die Urphänomene auch in der Natur finden. Der Geist des Menschen und die lebendige Wirklichkeit finden einander. Wir verstehen die Welt um uns unter Erhalt des Erlebens – nicht rein intellektuell.

In dem sich selbst erlebenden, verstehenden Denken lebt das Ich. Der Mensch lernt, während er in seinem reinen Selbst ruht, in dieses die Wahrnehmungsinhalte aufzunehmen. Durch die ruhige Hingabe an die Welt geht der statische Charakter in das Erleben der schöpferischen Bewegung über, die dem vorausgeht. Dabei entsteht ein Wahrnehmungsvermögen für das Wachsen und Sterben in der Natur. Diese Kräfte werden mit einem neuen Sinn wahrgenommen, dem Sinn des reinen, sich selbst erlebenden Denken.
Wenn wir dasselbe Prinzip auch in der Begegnung mit dem Mitmenschen handhaben, so dass wir den Anderen ohne Vorurteil, mit Ehrfurcht und Verwunderung, in uns aufnehmen, können die Ich-Kräfte hin- und herströmen, und es entsteht echte Gemeinschaft im Geiste. Die höchste Kunst ist die Kunst der Begegnung (siehe Suche das Licht, Abschnitt Wissenschaft, 8. Kapitel).

Zoek het licht ausschnitt

Hierbei spielt auch das „Fühlen“ eine große Rolle. Im Abschnitt „Besinnung“ schreibt Mieke Mosmuller: „Das Fühlen ist notwendig, um diese Willenskraft als Denkkraft gewahr zu werden, zu erleben. [...] Mit dem Gewahrwerden des Denkens als durch das Ich initiierte Kraft tritt man in die gleichsam unter der spiegelnden Oberfläche der Vorstellungen liegende, ihnen zugrunde liegende Kraft ein. [...] Man hat dann, weil man sich in einem rein wollenden, reinen Denken bewegt, auch ein reines Denken des Fühlens, ein reines Fühlen. Man findet das Fühlen als reinen Begriff, als konkret gewahr gewordenen Begriff, der gleichzeitig Fühlen ist. Man findet in der Gewahrwerdung des Denkens als kräftiger Wille das Gewahrwerden selbst, ein positives Fühlen: Glück, Lust, Freude.“ Im reinen Fühlen fallen höheres und niederes Selbst zusammen. Wenn wir nun vollbewusst denkend und fühlend in unserem Ich stehen können, erlangen wir die Macht über dieses Ich, Ruhe und Beherrschung.

„Wir nähern uns dem Phänomen des negativen Fühlens, wenn wir erkennen, welchen innerlichen Zustand wir einnehmen, wenn wir nicht selbst unsere Willensaktivität zur Ruhe bringen, sondern wenn dieser Willensaktivität durch Faktoren außerhalb unserer selbst das Schweigen auferlegt wird. Unser Wille wird gelähmt, und wir werden dies im negativen Fühlen gewahr. Dieses negative Fühlen im reinen Denken gewahr zu werden, ist nicht einfach, weil ja in diesem Zustand die Ich-Aktivität schweigt, die Kraft aus dem Denken fortfließt und wir in die Spiegelungen des Vorstellens zurückkehren, wodurch wir das Fühlen nur noch über die Vorstellung erfassen können.“ „Das Weggerissenwerden des Willens bringt das Leiden, die Passivität. Aber das Ich ist stets anwesend, auch wenn wir es nicht bewusst einsetzen. Das Aushalten des Leidens, das Lernen, es im Leiden aushalten zu wollen, bringt eine kräftige Verstärkung des Willens mit sich, die so stark werden kann, dass dieser Wille sich als Kraft im Denken offenbart. So eröffnet sich die Möglichkeit, im Leiden – in der Gebundenheit – das Glück der Freiheit zu finden.“ „Die Vollkommenheit des Fühlens, die Liebe, finden wir, wenn wir unser Ich mit der vollen, bewussten Aktivität wollen, ohne unsere eigenen Interessen zu wollen, in voller, aktiver Hingabe an das, womit wir uns beschäftigen [...]. Wenn es uns dann gelingt, in diese volle Hingabe die ruhige Andacht hineinzutragen, sie damit zu durchtränken, dann werden wir das Wesen der Liebe gewahr, das vollkommene Fühlen.“
In dem Abschnitt „Liebe“ beschreibt Mieke Mosmuller die Liebe in ihren vielen Formen: von Leidenschaft über Liebe, die auf den Blutsbanden beruht, und Vaterlandsliebe, zu den mehr übersinnlichen Formen: Liebe zur Kunst und der reinen Ideenwelt. Über die höchste Liebe zu Gott sagt sie:
„Den Ursprung der höchsten Liebe, die Liebe zu Gott, finden wir nicht außerhalb von uns, sondern in uns – da, wo wir nach Gottes Bild erschaffen sind und wo wir diese Schöpfung unmittelbar, in Freiheit, fortsetzen dürfen: in der Aktivität des Denkens mit unserem Ich als Wille. Damit erwacht keine Selbstliebe, sondern erwacht das Selbst als Liebe, als die allerbeste Begierde (das Ich als reiner Wille), die sich nach Vereinigung mit dem Allerschönsten (dem reinen Gedanken) sehnt und in dieser Vereinigung die allerhöchste Wahrheit in stets sich erneuernder Kreativität findet.“

Nach der Beschreibung des Erkenntnisprozesses – der Erkenntnis unserer selbst und der Welt um uns herum – folgt die Frage: Gibt es eine geistige Welt außerhalb unseres eigenen Geistes, und wie lernen wir diese erkennen?
Oder in anderen Worten: Wie lernen wir Gott erkennen? Das können wir nicht, indem wir uns mit unserem gewöhnlichen Vorstellungsleben den guten Gott vorstellen, unerreichbar weit von uns entfernt. Es geht darum, das Göttliche in uns selbst kennenzulernen: Dann lernen wir tätig Gott kennen. Wir entwickeln uns in unseren Handlungen zu Gottes Gleichnis, indem wir den Unterschied zwischen Gut und Böse erkennen und versuchen, helfend, heilend das Gute zu tun. Nicht die Umgebung diktiert uns, wie wir dies tun sollen, wir selbst wollen das Gute tun, in voller Verantwortung, weil wir die Reinheit der Motive kennen, die Wahrheit empfinden.

Die Kräfte, die von außen und innen verhindern wollen, dass wir unsere Entwicklung verwirklichen, können wir nun das Böse nennen – als hemmende, entmutigende Kraft oder als beschleunigende Kraft, die den Menschen seiner Freiheit beraubt. Im Vorangehenden wurde beschrieben, dass wir Gott kennen lernen können, indem wir auf das Gute in menschlichen Handlungen schauen. Im „Epilog“ beschreibt Mieke Mosmuller, dass dieser Erkenntnisprozess in der Denkschulung noch bewusster in die Hand genommen werden kann.
Wenn wir das lebendige Denken und die Geistesgegenwart – die eigene Denkwelt des „Ich bin“ – gefunden haben, gibt es dann darüber hinaus auch eine göttlich-geistige Welt? Nur eine völlige innere Umkehr kann hier aus der Einsamkeit des eigenen Denkens erlösen. An diesem Punkt angekommen, müssen wir das selbsterweckte Denken zum Schweigen bringen und es in „das Fragen selbst“ umformen. Das lebendige Denken, das wir sind, muss zur lebendigen Frage werden, ganz und gar Zurückhaltung. Die ganze Seele wird fragende Sehnsucht, in geduldigem Abwarten. „So kniet der Mensch – nicht mit dem Körper in der Kirchenbank, sondern – mit seinem zur Kraft gewordenen Ich in seiner schweigenden Seele und wird Gebet.“

„Wie können wir je dazu kommen, diese Willensrichtung vollständig umzukehren, so dass wir uns für das ‚Dein Wille geschehe’ öffnen, ohne dabei in nicht-selbstbewusste Passivität zurückzusinken? Wenn wir lernen – immer mehr und mehr –, den lebendigen Denkstrom zu erleben, dann wird unsere Willenskraft, die von uns ausgeht, langsam zu einem Organ umgeformt, das die rein geistige Welt außerhalb des Ich erlebend empfangen kann. Immer weniger entfaltet der eigene Wille sich im Denken, immer mehr geht dieser in dem Erleben auf. Es denkt in mir. Das Erleben des eigenen Geistes erweitert sich zum Erleben der geistigen Welt, die sich nicht in dem Denkstrom ausspricht, sondern im Erleben dieses Denkstroms. Der Denkstrom, der von uns ausgeht, greift in das geistige Nichts. Das Erleben des Denkstroms, das Erleben des Wesens, das denkt, lässt diesen sich zu uns hin umkehren.“

„Die durch den Menschen verwirklichte Liebe zur Sophia [die göttliche Weisheit] bringt Sophia zum Menschen. Sie tritt in sein Herz ein.“

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(Bild rechts: Ausschnitt der Sixtinischen Madonna von Raffael)